Die Tests eines deutschen Unternehmens für eine Immuntherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem Hautkrebs waren erfolgreich. Mit den neuesten Erkenntnissen soll eine Impfung entwickelt werden. Dieser Therapieansatz könnte auch bei anderen Krebsarten vielversprechend sein.

In der renommierten Fachzeitschrift „Nature“ haben der Krebsforscher Professor Ugur Sahin vom Mainzer Biotechnologieunternehmen BioNTech und ihr Partnerinstitut für translationale Forschung (Tron) an der Unimedizin die Ergebnisse ihrer Studie vorgestellt. Die Veröffentlichung zeigt mit dem „weltweit ersten Beispiel einer klinisch relevanten und systemischen mRNA-Krebsimmuntherapie“ neue Wege in der Krebstherapie. "Es ist ein bedeutender Schritt zur vollständig personalisierten Krebsimmuntherapie – für alle Arten von Krebs“, so Sahin.

Mit der Methode von Sahin werden die Körpereigenen Abwehrkräfte aktiviert, die den Krebs von innen bekämpfen, anstatt wie die Chemotherapie oder Bestrahlung dies von außen machen. Wenn eine Immuntherapie nicht anschlägt und der Krebs weiter voranschreitet, ist die Ursache dafür, dass der Krebs vom Immunsystem nicht erkannt wird, obwohl das Immunsystem angeregt wurde. Dies liegt unter anderem daran, dass der Tumor bei jedem Patienten anders ausgeprägt ist. Das Mainzer Biotech-Unternehmen setzt genau da an. Es gibt dem Immunsystem exakte Informationen zu dem zu bekämpfenden Tumor. Es werden Nanopartikel mit einem mRNA-Impfstoff auf dendritische Zellen in den Lymphknoten, im Knochenmark und in der Milz gerichtet.

Es handelt sich also um eine personalisierte, maßgeschneiderte Therapie. In einem Interview mit der Allgemeine Zeitung erklärt Sahin: „Die Dauer vom Erhalt der Tumorprobe des Patienten bis zur Gabe des fertigen personalisierten Krebsimpfstoffes beträgt momentan etwa zwei Monate. Durch weitere Entwicklungen, wie zum Beispiel die Automatisierung bestimmter Arbeitsschritte, wird sich dieser Zeitraum in absehbarer Zeit auf etwa 20 Tage reduzieren.“

Auch sei das Vorgehen „bestechend einfach“ wie die Forscher erklären. Es werden sogenannte Nano-Partikel (ein Nanometer = 1 Millionstel Millimeter) leicht negativ aufgeladen und mit einem mRNA-Impfstoff versehen. Das wird dem Patienten in den Blutkreislauf gegeben und die Nano-Partikel können von da in das Lymphsystem gelangen. Die Ribonukleinsäure (RNA) beinhaltet den genauen Bauplan des Tumor-Antigens und transportiert ihn zu bestimmten Immunzellen des Abwehrsystems. Dieses kennt dann den Feind und kann ihn bekämpfen.

„Diese dentritischen Zellen sind quasi die Instrukteure des Immunsystems. Sie präsentieren die von uns eingebrachten Antigene wie ein Fahndungsfoto. Die anderen Immunzellen kommen vorbei und schauen sich das an", sagt Sahin in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. „Der duale Mechanismus bezieht sowohl adaptive (T-Zell-vermittelte) als auch angeborene (Typ I Interferon (IFN)-vermittelte) Immunantworten ein“.

Der Begriff Impfung ist eventuell etwas irreführend, denn „geimpft“ werden bereits erkrankte. Als gesunder Mensch kann man sich mit diesem Verfahren nicht schützen. Das Verfahren wurde an Mäusen erprobt und an drei Patienten mit schwarzem Hautkrebs. Die Forscher haben den Impfstoff nur sehr gering dosiert und dennoch kam es zu einer sehr starken Immunreaktion. Die Tumore wachsen nicht mehr weiter und die Patienten sind stabil. Auch ist die Verträglichkeit sehr gut und es kam bisher zu keinen starken Nebenwirkungen. „Unsere Studie stellt neuartige, besonders stark wirksame Krebsimpfstoffe vor, welche die effiziente Steuerung des Immunsystems gegen ein großes Spektrum von Tumorantigenen ermöglicht“, sagte Ugur Sahin. „Dies ist ein bedeutender Schritt, um unser Ziel zu erreichen, vollständig personalisierte Krebsimmuntherapien für alle Arten von Krebs verfügbar und anwendbar zu machen“. Weitere Studien in dieses Richtung werden in Kürze gestartet.