Mineralwasserflasche und Glas

Stiftung Warentest hat in seiner neuesten Ausgabe unter dem Titel „Der große Wassercheck“ erstmals Mineralwasser und Trinkwasser gegeneinander getestet. Dabei sollten diesmal nicht nur die jeweiligen Wässer gründlich getestet werden, sondern auch die jeweiligen Vor- bzw. Nachteile des jeweiligen Wassers hervorgehoben werden.

Leitungswasser gegen Mineralwasser. Im großen Wassercheck wollte Stiftung Warentest herausfinden, welches Wasser besser abschneidet. Ohne vorneweggreifen zu wollen: Stiftung Warentest sagt, dass die „Qualität unseres Leitungswassers stimmt, Mineralwasser ist überbewertet.“

Mineralwasser gehört laut Statista mit Abstand zu dem beliebtesten Getränk der Deutschen. Im Schnitt trinkt jeder Bundesbürger pro Jahr etwa 147 Liter Mineralwasser. 1970 waren es gerade mal 12,5 Liter. Das größte Wachstum hat das Segment der stillen Mineralwässer, obwohl ein kohlensäurefreies Wasser auch aus dem Wasserhahn kommt. Warum wird also Mineralwasser aus der Flasche der Vorzug gegeben? Sind es die Werbeaussagen der Brunnenbetriebe? Mineralwasser sei schließlich „ursprünglich rein und unverfälscht frisch“, „vollkommen in seiner Reinheit“ oder „natürlich erfrischend“, wie die Werbung vermittelt. Die Stiftung Warentest hat im Labor 30 stille Mineralwässer sowie 28 Trinkwasser deutscher Städte und Gemeinden untersucht und diese verglichen.

Leitungswasser kann schon bei den ersten Fakten überzeugen. Laut Stiftung Warentest hat das getestete Leitungswasser aus ganz Deutschland eine gute Qualität. Bei der Preisfrage schlägt Leitungswasser das Mineralwasser selbstverständlich extrem. Für einen Liter Trinkwasser fallen Kosten inklusive Abwassergebühren von einem halben Cent an. Das günstigste Mineralwasser im Test kostet 24 Cent je Liter. Das teuerste stolze 70 Cent. Auch das Schleppen von Kästen und Flaschen-Packs entfällt. Bei der Ökobilanz liegt Leitungswasser ebenfalls weit vorne. Es wird nicht abgefüllt, abgepackt oder transportiert wie Mineralwasser. Vor allem nicht über hunderte oder tausende von Kilometern.

Während die Deutschen scheinbar das Leitungswasser unterschätzen, wird nach Meinung von Stiftung Warentest Mineralwasser vielfach überschätzt. Gerade im wörtlichen Sinne räumt Stiftung Warentest gleich doppelt mit dem Mythos Mineralien in Mineralwasser auf. Zum einen sind sie nicht in so hohen Mengen im Mineralwasser enthalten wie gemeinhin angenommen. Zum anderen sind die Mineralien im Mineralwasser keine wichtige Quelle für die Versorgung des Körpers. Es gibt Ausnahmen, wie etwa ein besonders kalziumreiches Mineralwasser durchaus sinnvoll für laktoseintolerante Menschen sein kann, da sie wegen dem Verzicht auf Milch diese große Kalziumquelle nicht vertragen. Von einem Mineralwasser mit einem hohen Sulfatgehalt können beispielsweise Menschen mit Verstopfung profitieren.

Aber auch Leitungswasser kann in einigen Gegenden problematisch sein. In Gebieten mit hoher Landwirtschaft könnte das Wasser für die Zubereitung von Babynahrung aufgrund zu hoher Nitratgehalte kritisch sein. Es empfiehlt sich beim Wasserversorger nachzufragen und sich die Ergebnisse der letzten Wasseruntersuchungen zeigen zu lassen. Im Notfall dann auf ein für Säuglingsnahrung geeignetes Mineralwasser zurückgreifen.

Warum Mineralwasser wesentlich beliebter als Leitungswasser ist, mag viele Gründe haben. Einer davon ist sicherlich auch der Geschmack. Wem sein Leitungswasser nicht schmeckt kann es nicht wechseln. Es bleiben nur wenige Optionen wie etwa ein Wasserfilter, um da etwas zu verändern. Bei Mineralwasser ist es einfacher. Schmeckt eine Marke nach persönlichem Empfinden nicht, kann eine andere ausprobiert werden. Bei der Vielzahl an Mineralwässern ist für jeden das geschmacklich richtige dabei.

Nennenswerter als die Geschmackskriterien sind jedoch die Qualitätskriterien. Leitungswasser ist das am besten kontrollierte Lebensmittel und wird strenger kontrolliert als Mineralwasser. Die öffentlichen und privaten Wasserbetriebe müssen ihr Wasser regelmäßig untersuchen. Hinsichtlich Verkeimung wird das Wasser bei großen Wasserbetrieben sogar mehrmals täglich kontrolliert. Leitungswasser muss die Anforderung erfüllen, dass es ein Leben lang konsumiert werden kann, ohne davon krank zu werden. Auch ist die Trinkwasserverordnung umfangreicher als die Mineral- und Tafelwasserverordnung, die beispielsweise keine Grenzwerte für Uran oder Pestizide beinhaltet.

Leitungswasser wird aus Grundwasser, Flüssen, Seen, Talsperren sowie aus Quellwasser gewonnen. Da es vor Verunreinigungen aus der Umwelt nicht geschützt ist, wird es von den Wasserbetrieben in teilweise mehrstufigen Verfahren aufbereitet, bis es die nötige Qualität erreicht. Ganz anders beim Mineralwasser. Das wird von Brunnenbetrieben aus unterirdischen Quellen gewonnen. Die Quellen müssen durch eine natürliche, kaum durchlässige Bodenschicht vor Verunreinigungen geschützt sein. Mineralwasser muss „ursprünglich rein“ sein, weshalb die Abfüller laut Verordnung das Mineralwasser praktisch nicht aufbereiten dürfen. Es dürfen lediglich einige Stoffe, wie etwa Eisen, entfernt werden. Entspricht die Quelle und Qualität der Mineral- und Tafelwasserverordnung, wird es amtlich anerkannt.

Die hohe Qualität von Leitungswasser wird von den Wasserbetrieben nur bis zum Hausanschluss gewährleistet. Ab dann ist der Eigentümer des Gebäudes verantwortlich für die Einhaltung der Trinkwasserverordnung. So sind Vermieter verpflichtet alte Bleirohre auszutauschen, damit dieses nervenschädigende Schwermetall das Wasser auf den letzten Metern bis zum Wasserhahn nicht verunreinigt. Besonders teil- und unsanierte Altbauten im Norden und Osten Deutschlands, die vor 1973 errichtet wurden, bergen das Risiko noch alte Bleirohre zu beinhalten. Werden in Gebäuden Großanlagen zur Erwärmung des Wassers betrieben, muss alle drei Jahre auf Legionellen untersucht werden.

Das mittlerweile durch Medien sehr bekannte Pflanzenschutzmittel Glyphosat kann durch Versickerung sowohl in die Böden und das Grundwasser als auch in Mineralquellen gelangen, wenn sie nicht hinreichend geschützt sind. Stiftung Warentest hat bei den aktuellen Untersuchungen weder im Leitungswasser noch in den untersuchten Mineralwässern Spuren von Glyphosat gefunden. Allerdings wurden in drei Mineralwässern (Harzer Grauhof, Märkisch Kristall Naturelle und VIO) Spuren von Ampa (Aminomethylphosphonsäure) nachgewiesen, ein Hauptabbauprodukt von Glyphosat. Ampa kann aber auch aus Phosphonaten von Waschmitteln entstehen. Daher ist die Quelle von Ampa nicht einwandfrei auf Glyphosat zurückzuführen. Zudem wurden die Wässer neben Glyphosat und Ampa auch auf andere Pestizide und ihre Abbauprodukte untersucht. Hier wurden in jeder zweiten Trinkwasserprobe und in drei Mineralwässern (Alwa Naturelle, Gaensefurther Quelle Naturelle und Harzer Grauhof Naturell) Rückstände gefunden. Laut Stiftung Warentest in so geringen Mengen, dass sie kein gesundheitliches Risiko darstellen.

Auf das medial viel diskutierte Nitrat hat Stiftung Warentest ebenfalls getestet. Für Trinkwasser gilt ein Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter. Wird der Grenzwert überschritten können die Wasserbetriebe auf zwei Wegen gegensteuern. Entweder sie mischen unbelastetes Wasser dazu, um die Konzentration pro Liter zu verringern oder sie bereiten das Wasser auf. Die Nitratbelastung der Böden und des Grundwassers stellen zunehmend ein Problem dar. Immer noch wird zu viel Gülle und Kunstdünger auf den landwirtschaftlichen Flächen ausgelassen. Seit Jahren wird von vielen Seiten eine Düngereform gefordert. Selbst die EU hat Deutschland lange gerügt, bis die EU-Kommission keinen anderen Weg mehr sah, als die Bundesrepublik diesen April vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen. Daher verwundert es nicht, dass 27 der 28 Trinkwässer Nitrat enthielten. Der höchste Gehalt lag bei knapp 30 Milligramm pro Liter in Bruchhausen-Vilsen. Köln, Stuttgart und Sersheim lagen bei rund 20 Milligramm pro Liter. Unter 1 Milligramm lagen nur Reinbeck, Aumühle und Stadt Hecklingen. Kein Nitrat hatte das Trinkwasser aus Lüneburg.

Das bedeutet, dass alle Trinkwasserproben die Grenzwerte eingehalten haben. Die Frage lautet hier jedoch: Wie lange noch? Über die Jahre steigen die Konzentrationen und besonders in den Düngezeiten kommt es zu Überschreitungen der Grenzwerte. Bei den Mineralwässern lag der höchste Nitrat-Wert bei 15 Milligramm pro Liter, nachgewiesen bei Alwa Naturelle. Den zweithöchsten Wert hatte Gerolsteiner mit 9 Milligramm, gefolgt von Extaler Quelle/Rinteln mit 8 Milligramm und Harzer Grauhof sowie Märkisch Kristall Naturelle mit jeweils 7 Milligramm. In Sachen Nitrat sind die Mineralwässer weniger belastet als Trinkwasser, jedoch vor der Problematik nicht gefeit.

Im großen Wassercheck hat sich die Stiftung Warentest auch dem Thema der Medikamentenrückstände angenommen. Zudem wurde auch auf Röntgenkontrastmittel untersucht, die ebenfalls wiederkehrend medial für Schlagzeilen sorgten. Auch hier wurden bei einigen Trinkwasserproben Rückstände gefunden. Medikamentenrückstände wiesen sechs Proben auf und ebenso viele auch Röntgenkontrastmittel. Beide Stoffe wurden in den Proben aus Sensheim und Stuttgart gefunden. Und auch hier argumentiert die Verbraucherorganisation, dass die nachgewiesenen Mengen in so geringen Mengen gefunden wurden, dass eine Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen werden kann. Bei den Mineralwässern wurden überhaupt keine Spuren von Medikamentenrückständen oder Röntgenkontrastmitteln gefunden. Überhaupt wurden in den 80 seit 2014 getesteten Mineralwässern niemals Spuren von Medikamentenrückständen gefunden.

Bei Hormonen sind die Ergebnisse von Mineralwasser und Trinkwasser ebenfalls unterschiedlich. In Abwässern sind Spuren von Hormonen zu finden, bei Trinkwasser stellen sie laut Stiftung Warentest jedoch kein Problem dar. „Wir konnten Östrogene bisher in keinem Trinkwasser nachweisen“, sagt Chemiker Thomas Ternes von der Bundesanstalt für Gewässerkunde. Im Mineralwasser haben Studien in ein paar Fällen hormonell aktive Substanzen nachweisen können, wie die Verbraucherorganisation anmerkt. Jedoch auch hier seien die Hormone unbedenklich, da sie zehntausendfach geringer konzertiert vorkommen als etwa in Milch, Bier (Hopfen) und Rotwein. Bisher ist es völlig unklar wie die Hormone überhaupt in die Mineralwässer gelangen können.

Bei einigen Mineralwässern wurde der Stoff Acetaldehyd nachgewiesen, der durch PET-Flaschen absorbiert wird. Die höchsten Werte hatten Ensinger Sport Still mit 6 Milligramm, Extaler Mineralquell mit 5 Milligramm und Vöslauer Ohne mit 4 Milligramm pro Liter. Dies lässt sich verhindern, wenn der Mineralwasserhersteller Flaschen mit einem Acetaldehydblocker verwendet. Die Mengen seien gesundheitlich nicht kritisch, jedoch kann sich das Acetaldehyd geschmacklich bemerkbar machen. Das Mineralwasser schmeckt dann leicht fehlerhaft fruchtig süß.

Zwei natürlich im Gestein vorkommende und gesundheitsschädliche Stoffe sind Chrom und Uran. Je nach geologischen Gegebenheiten nimmt Trinkwasser und Mineralwasser mehr oder weniger Uran und Chrom auf. Chrom (VI) ist wasserlöslich und krebserregend. Bislang gibt es dafür keinen Grenzwert. Chrom (VI) wurde in 23 der 28 Trinkwasserproben nachgewiesen sowie in 21 der 30 Mineralwässer. Am stärksten belastet ist das Thüringer Waldquell Pur mit 1,28 Milligramm pro Liter, gefolgt von Harzer Grauhof Naturell mit 0,75 und Gerolsteiner mit 0,33 Milligramm pro Liter. Beim Trinkwasser lagen die höchsten Werte mit 0,44 Milligramm in Bruchhausen Vilsen und mit 0,43 Milligramm in Köln. Die Orte Gerolstein (0,39), Bielefeld (0,35) sowie München und Stuttgart (jeweils 0,32) folgen dicht dahinter.

Seit 2014 wird im Umweltbundesamt über einen Leitwert von 0,3 Mikrogramm je Liter diskutiert. Sechs Trinkwässer lagen leicht über diesem Wert. „Die Konzentrationen sind sehr gering und noch tolerabel“, sagt Rainer Konietzka, der beim Umweltbundesamt für Trinkwassertoxikologie zuständig ist. Die potenzielle Gefährdung sei gering erklärt Konietzka: „Wenn 1 Million Menschen ein Leben lang jeweils 2 Liter Leitungswasser täglich trinken würden, könnte es nach entsprechenden Rechenmodellen in 70 Jahren theoretisch zu etwa 1,5 zusätzlichen Krebsfällen kommen.“ Uran wurde in 8 der 28 Trinkwässer nachgewiesen, jedoch deutlich unter dem Grenzwert. Spitzenreiter hier war Trappenkamp mit 2,5 Milligramm. Oberscheinfeld mit 1,1 Milligramm und Sersheim mit 1 Milligramm haben schon weniger als die Hälfte Uran. Alle anderen liegen unter einem Milligramm. Die Mineralwässer schneiden da mit 0,9 Milligramm (Extaler Mineralquell naturell) und 0,8 Milligramm (Vöslauer Ohne) besser ab. Alle anderen liegen unter 0,5 Milligramm bzw. Uran ist nicht nachweisbar.

Bei Mineralwasser ist der Name nicht Programm. Es muss nicht mineralstoffreich sein, um sich Mineralwasser nennen zu dürfen. Bis 1980 waren 1.000 Milligramm gelöster Mineralstoffe Pflicht, bis die EU diese Vorgabe abschaffte. Fast jedes zweite Mineralwasser hatte zu wenige Mineralstoffe. 2.500 Milligramm gelten als sehr hoch mineralisiert. 1.500 Milligramm als hoch und als mittel gelten Mineralwässer mit mehr als 500 Milligramm. 13 Mineralwässer lagen im Test darunter. Lediglich 57 Milligramm gelöste Mineralstoffe hatte das Black Forest Mineralwasser im Test. Das ist sogar weniger als das mineralstoffärmste Trinkwasser. Das Trinkwasser in Harzstadt Goslar hatte mit 78 Milligramm pro Liter geringfügig mehr. Das mineralstoffreichste war mit 786 Milligramm das Leitungswasser in Rinteln im Weserbergland. Nur acht der 30 getesteten Mineralwässer konnten diesen Wert übertreffen. Nach einer Umfrage von Stiftung Warentest aus dem Jahr 2015 meinten zwei Drittel der Bundesbürger, dass Mineralwasser mehr Mineralien als Trinkwasser beinhalten sollte.

Sechs der getesteten Mineralwässer kamen aus dem Ausland, wie die beliebten Marken Volvic oder Vittel. Allerdings konnte nur Contrex von den importierten Wässern mit einem reichen Gehalt an Mineralstoffen punkten. Ernährungsphysiologisch sind Mineralwässer sowieso keine ernsthafte Mineralquelle für den täglichen Mineralstoffbedarf. Ein Mensch braucht täglich etwa 2000 Milligramm Kalium. Das kaliumreichste Mineralwasser Rhönsprudel enthält gerade mal 10 Milligramm pro Liter. Der Tagesbedarf von Magnesium liegt zwischen 300 bis 350 Gramm und jedes zweite Wasser im Test enthält weniger als 10 Milligramm.

Im Durchschnitt hatten die Leitungswässer rund 380 Milligramm Mineralien pro Liter und die Mineralwässer rund 790 Milligramm. Den höchsten Gehalt an Mineralien hatte das Ensinger Sport mit 2.606 Milligramm, vor allem Magnesium, Kalzium und Sulfat. Geschmacklich lässt Natrium und Chlorid Wasser salzig schmecken, hohe Mengen Sulfat sorgen für eine bittere Note. Genau wie beim Mineralwasser haben die Inhaltsstoffe beim Trinkwasser Einfluss auf den Geschmack. Je mehr Kalzium und Magnesium enthalten ist, desto härter das Wasser.

Weiches Wasser stammt meist aus Oberflächenwasser, während hartes Wasser meist in Regionen mit Sand und Kalkstein zu finden ist. Im Blindtest schneidet nach Ergebnissen des Forum Trinkwasser geschmacklich das harte Wasser besser ab, wenn es kalt getrunken wird. Teetrinker wiederum bevorzugen für das Heißgetränk eher weiches Wasser. Weil die Verkeimung bei Trinkwasser eine große Rolle spielt, kommt Chlorierung oft zum Einsatz. Jede dritte Probe enthielt Stoffe, die auf eine Chlorbehandlung zurückzuführen ist. Geschmacklich wirkt sich das aufgrund der geringen Mengen nicht aus.

Stiftung Warentest nahm die Trinkwasserproben verteilt über die ganze Bundesrepublik. Es zeigte sich, dass Trinkwasser durchgehend als gut bewertet werden konnte. Doch völlig makellos ist es nicht. Der moderne Lebensstil zeigte sich in den Spuren von Medikamenten, Pestiziden und anderen Stoffen im Leitungswasser.

Der beauftragte Umweltgeologe ist von Siegdorf an der österreichischen Grenze bis Bad Doberan an der Ostsee unterwegs gewesen, sowie von Duisburg im Westen bis nach Bad Liebenwerda im Osten. In drei Wochen hat der Umweltgeologe im Auftrag von Stiftung Warentest 8.880 Kilometer zurückgelegt. Er nahm Proben in 28 Rathäusern während den Öffnungszeiten der ausgewählten Städte und Gemeinden. Er agierte anonym und nahm die Proben heimlich, um jegliche Beeinflussung durch Kommunen oder Wasserversorger zu verhindern.

Er hatte bei der Probeentnahme 12 Flaschen aus Glas und Kunststoff bei sich. Bei der Probeentnahme ließ er zuvor das Wasser zwei Minuten laufen, spülte die Flaschen mit dem Wasser mehrmals aus und füllte bis zu zwei Liter ab. Danach wurden die Proben in Kühlboxen gepackt und auf dem schnellsten Weg ins Labor gebracht. „Nicht aufzufallen, war die Herausforderung“, so der Umweltgeologe.

Im Labor sind heute dank immer sensiblerer Geräte Nachweise von millionstel und milliardstel Gramm messbar. Die Verbraucherorganisation untersuchte das Trinkwasser auf 89 Stoffe, unter anderem auch auf oberirdische Verunreinigungen. 21 Proben enthielten Spuren von Medikamenten, Röntgenkontrast- und Korrosionsschutzmitteln, Pestiziden und Süßstoffen. Meist lagen die Werte unter 0,1 Milligramm pro Liter. Diese geringen Konzentrationen sind laut Umweltbundesamt nicht schädlich. Dennoch bleibt festzuhalten, dass sich unser Lebensstil auf das Trinkwasser auswirkt. „Was nicht von Natur aus im Trinkwasser drin ist, gehört auch nicht hinein“, sagt Hans-Jürgen Grummt, Fachgebietsleiter für Fortentwicklung der Trinkwasserhygiene am Umweltbundesamt.

Laut dem Verband Kommunaler Unternehmen sind die zunehmenden Verunreinigungen des Trinkwassers mit Medikamenten, Pflanzenschutz-, Wasch- und Reinigungsmitteln eine Herausforderung, die sie allerdings nicht alleine bewältigen können. Der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) sieht zukünftig eine Überforderung der Kläranlagen. Eine Umfrage des Verbandes zufolge, denken 84 Prozent der Wasserbetriebe, dass der zunehmende Eintrag von sogenannten Spurenstoffen, chemischen Substanzen die in geringsten Mengen vorkommen, die Gewässerqualität und Ökosysteme beeinträchtigen.

Als besonders besorgniserregend gelten nach der Umfrage Spurenstoffe aus Arzneimitteln (93,7 Prozent) und aus Pflanzenschutzmitteln (87,4 Prozent). Weniger problematisch sehen die Klär- und Wasserbetriebe Haushaltschemikalien (32,8 Prozent) und Körperpflegeprodukte (29,3 Prozent). Die Wasserbetriebe werden das Problem mit den Mikro-Verunreinigungen alleine nicht bewältigen können, erklärte die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU), Katherina Reiche und sieht auch die Verursacher in der Pflicht. Gemeint sind damit die die Pharma- und Chemieindustrie, die Landwirtschaft und auch die Verbraucher.

Wer Medikamente einnimmt scheidet sie zwangsläufig auch wieder aus. Übers Abwasser gelangen sie in die Klärwerke. Verhindern ließe sich jedoch die unsachgemäße Entsorgung von Medikamenten. Laut einer Umfrage aus dem Jahre 2013 kippen rund 50 Prozent der Deutschen Flüssigarzneien in Toiletten und Spülen. Einige Medikamente sind chemisch besonders stabil, da sie das saure Magenmilieu überstehen müssen. Röntgenkontrastmittel verlassen den Körper praktisch unverändert. Die besten Kläranlagen schaffen es nicht mit Mikroorganismen, Filtration, Oxidation, Desinfektion und anderen Verfahren das Abwasser davon gänzlich zu befreien. Es wird wohl noch lange nicht möglich sein, die Verunreinigungen gänzlich zu verhindern. Vor allem weil je nach Region die Problematik unterschiedlich ist.

Mit Nitrat und Abbauprodukten von Pestiziden haben vor allem landwirtschaftliche Gebiete zu kämpfen. Das zeigte sich auch im Test. Die höchsten Nitratgehalte hatten die Gemeinde Bruchhausen-Vilsen in Niedersachsen, gefolgt vom schwäbischen 5.200-Einwohner-Ort Sersheim und Stuttgart. In dicht besiedelten Gebieten sind es vor allem Süßstoffe, die im Trinkwasser vorkommen. In der Hälfte der Proben und bei allen Proben der Großstädte wurde Acesulfam-K, Cyclamat oder Sucralose nachgewiesen.

Arzneimittel kamen sowohl in ländlichen Gebieten wie Ballungsräumen vor. Insgesamt aus sechs Orten wurden Spuren von Metformin samt Abbauprodukt aus Diabetesmitteln, sowie Spuren von Phenazon und 4-Formylantipyrin aus Schmerzmitteln entdeckt. Ebenfalls konnten Röntgenkontrastmittel in sechs Proben nachgewiesen werden. Wie gefährlich Medikamentenrückstände sind ist nicht eindeutig, es gibt keine klaren Erkenntnisse. Daher gibt es keine Grenzwerte für Medikamentenrückstände und das Umweltbundesamt hat vor einigen Jahren das sogenannte GOW-Konzept entwickelt. Das steht für Gesundheitlicher Orientierungswert und ist als ein gesundheitlicher Vorsorgewert zu betrachten. „Ein GOW ist stets bewusst niedrig angesetzt, um ein gesundheitliches Risiko bei lebenslanger Aufnahme auszuschließen“, sagt Grummt. Als das GOW-Konzept entwickelt wurde, wurden alle Stoffe, für die noch keine dezidierte Bewertung vorlag, mit 0,1 Mikrogramm eingestuft. Ein Orientierungswert ist jedoch im Gegensatz zu einem Grenzwert rechtlich nicht bindend, sondern stellt eine Empfehlung dar, überschritten oder nicht. In diesem Test wurden alle GOW nicht überschritten.

Bei Pestiziden zeigt sich noch eine andere Problematik. Es gibt in der Trinkwasserverordnung für Pestizide wie Glyphosat und deren aktiven Abbauprodukte Grenzwerte. Doch es gibt keine Grenzwerte für nicht aktive Abbauprodukte, sogenannte nicht relevante Metabolite. Hier fand Stiftung Warentest vor allem in den Orten Hecklingen in der Magdeburger Börde, Bruchhausen-Vilsen und Rinteln die größten Konzentrationen. Der Einsatz von Pestiziden nimmt weiterhin zu. Wurden 2004 noch 35.000 Tonnen verkauft, sind es jetzt 46.000 Tonnen jährlich.

Industriechemikalien gelangen heute nicht mehr in die Böden. Durch betriebseigene und kommunale Kläranlagen werden Industriechemikalien im Vergleich zu den 70er Jahren heute wesentlich besser herausgefiltert. Nichts desto trotz gelangen Chemikalien in den Wasserkreislauf. Bremsflüssigkeiten, Korrosionsschutz oder Frostschutzmittel sind sehr langlebig. In drei Proben (München, Oberscheinfeld und Rinteln) wurden Spuren von Industriechemikalien nachgewiesen, jedoch unter dem Orientierungswert.

Als größtes Risiko für die Gesundheit werden Krankheitserreger eingestuft. Bei Keimen im Trinkwasser reagieren die Wasserbetriebe sofort und geben entsprechende Warnungen heraus. Dies kommt immer wieder vereinzelt in Deutschland vor und lässt sich nie völlig ausschließen. „Eine Infektion mit Krankheitserregern gehört zu den größten Risiken, die von Trinkwasser ausgehen können“, sagt Martin Exner, Professor für Trinkwasserhygiene an der Uni Bonn.

Um eine Verkeimung zu bekämpfen greifen die Wasserbetriebe auf verschiedene Arten der Chlorierung zurück. Nach starken Niederschlägen und Hochwasser dürfen die Wasserbetriebe zudem stärker auf die diversen Möglichkeiten der Desinfektion zugreifen. Trinkwasser aus Oberflächenwasser wird teilweise ständig einer Chlorierung unterzogen. In einigen Trinkwasserproben wurden Chlornebenprodukte in geringer Menge nachgewiesen.

Mineralwasser muss nicht vollkommen frei von Keimen sein, darf aber keine Krankheitserreger enthalten. In keinem der Mineralwässer wurden Krankheitserreger nachgewiesen, allerdings enthielten sechs der untersuchten Mineralwässer Keime. Diese könnten für immunschwache Menschen oder Säuglinge riskant sein. In Gerolsteiner und Märkisch Kristall wurden in allen fünf analysierten Flaschen so hohe Keimzahlen nachgewiesen, wie nie zuvor bei einem Mineralwasser, welches von Stiftung Warentest nach der Mineral- und Tafelwasserverordnung geprüft wurde.. Die Marke Märkisch Kristall enthielt eine Pseudomonaden-Art. Diese als Pfützenkeime bezeichneten Bakterien sind in der Umwelt weit verbreitet. Gerolsteiner enthielt besonders viele Rhodococcus-Keime.

Stiftung Warentest untersuchte neben dem üblichen Verfahren zur Keim-Analyse nach der Mineral- und Tafelwasserverordnung auch mit einem anderen Verfahren. Die Mineralwässer wurden auf einem Blutagar, einem guten Nährboden für Keime, analysiert. So wurden hohe Keimzahlen in vier weiteren Marken nachgewiesen. Genau wie schon im Test von 2012 enthielt Evian eine hohe Keimzahl, obwohl es auch für die Zubereitung von Babynahrung deklariert wird. Bei Evian, genau wie bei jedem Leitungswasser, sollte das Wasser vorsichtshalber für Babynahrung abgekocht werden.

Fazit: Sowohl Leitungswasser als auch Mineralwasser weisen, sowohl untereinander als auch gegeneinander, teils stark unterschiedliche Qualitätsmerkmale auf. Trinkwasser steht jedoch Mineralwasser allerhöchstens in manchen Fällen geschmacklich etwas nach. In Sachen Qualität und Mineralien sind sie sehr nahe beieinander. Bei Kosten, Umweltschutz und Schlepperei liegt Trinkwasser klar vorne.