EU-Kommission gibt nach

Die Proteste der EU-Bürger zeigten Wirkung: Die Wasserversorgung wurde aus der umstrittenen EU-Konzessionsrichtlinie komplett herausgenommen. Auslöser der Proteste war das Vorhaben des EU-Kommissars Michel Barnier, eine einheitliche Regelung für die Vergabe von Konzessionen für Dienstleistungen wie die Wasserversorgung aufzustellen. Dadurch sollte laut der Kommission Wettbewerbsgleichheit zwischen den Unternehmen und eine bessere Kontrolle über die Verwendung von Steuergeldern geschaffen werden.


„Seit nunmehr mehreren Monaten kursieren Gerüchte, die Europäische Kommission versuche, durch die Hintertür mittels ihres Vorschlages zur Konzessionsrichtlinie die Wasserversorgung zu privatisieren. Dies war nie unsere Absicht und hat nie gestimmt. Die Europäische Kommission hat den Vorschlag für eine Konzessionsrichtlinie vorgelegt, um in einem wirtschaftlich wichtigen Bereich mehr Rechtssicherheit für öffentliche Auftraggeber und Unternehmen in ganz Europa zu schaffen und um Transparenz und Gleichbehandlung im Binnenmarkt zu gewährleisten“, steht in der Erklärung Barniers.
Viele EU-Bürger sahen darin jedoch die Gefahr einer massiven Privatisierung der Wasserversorgung durch Großkonzerne. In Deutschland waren die Proteste besonders stark. Nicht verwunderlich, da zum Beispiel die Hauptstadt Berlin mit Veolia und RWE keine guten Erfahrungen bei der Wasserversorgung gemacht hat. Sowohl der Städtetag wie auch der Verband kommunaler Unternehmen sowie Bundeskanzlerin Merkel haben vor einer Privatisierung der Wasserversorgung gewarnt. EU-Sterne-FahneDie Befürchtungen waren, dass Kommunen die Wasserversorgung an Private abgeben und dadurch die Kontrolle über Qualität und Preis verlieren.

Aus Deutschland kamen die meisten Stimmen für die erste europäische Bürgerinitiative „Wasser ist Menschenrecht“ (Right2Water). Insgesamt haben 1,5 Millionen Menschen aus sieben Nationen mit ihrer Unterschrift freien Zugang zu Wasser und sanitärer Grundversorgung eingefordert. Die EU-Kommission konnte sich den Protesten nicht verschließen, da mehr als eine Million Menschen die Initiative unterstützten. Der Erfolg zeige, dass mit diesem politischen Instrument Diskussionen auf europäischer Ebene zu beeinflussen sind, äußerte sich ein Sprecher der Gewerkschaft ver.di. Erst seit dem Grundlagenvertrag von Lissabon 2009 sind Bürgerbegehren und die Einflussnahme auf die Politik auf EU-Ebene möglich.

„Trotz wiederholter Klarstellungen besteht nach wie vor der weit verbreitete Eindruck, die Kommission dränge auf die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen und insbesondere der Wasserversorgung“, ist der Erklärung Barniers zu entnehmen. „Während der gesamten Verhandlungen zur Konzessionsrichtlinie habe ich mich bemüht, den Wortlaut diesbezüglich noch klarer zu gestalten, um den Bürgerinnen und Bürgern unmissverständlich zu verdeutlichen, dass die Wasserversorgung nicht privatisiert wird. Obwohl ein solches Risiko niemals bestand, haben die Bürgerinnen und Bürger in der Tat diesen Eindruck gewonnen und ihre Sichtweise zu diesem Thema sehr klar zum Ausdruck gebracht. Ich habe volles Verständnis dafür, wenn Bürgerinnen und Bürger aufgebracht und besorgt sind, wenn ihnen erzählt wird, dass ihre Wasserversorgung gegen ihren Willen privatisiert werden könnte. Ich selbst würde in einem solchen Fall genauso reagieren.“

Die Kommission wollte damit weder die Privatisierung fördern oder erzwingen, denn die Entscheidung liegt zuletzt immer bei den Mitgliedsstaaten beziehungsweise den Städten und Kommunen. Allerdings hätte die EU-Konzession die Privatisierung erleichtert, wie von vielen EU-Bürgern befürchtet. Nachdem selbst Änderungen an der Richtlinie die EU-Bürger nicht überzeugt haben, gab die EU-Kommission schließlich ganz nach. Barnier kam zu der Einsicht, dass die derzeitige Fassung den Bürgern nicht die geforderten Garantien vermittle, und entschloss sich, den Bereich Wasser ganz aus der Konzession herauszunehmen. Somit werden nur noch die Bereiche Energie und Wärme bei der öffentlichen Vergabe berücksichtigt. „Ich hoffe, dass die Bürgerinnen und Bürger somit sehen, dass die Kommission ihnen Gehör schenkt“, so weiter in der Erklärung Barniers.

Die Bundesregierung begrüßt die Entscheidung der EU-Kommission. „Wasser ist keine Ware wie jede andere, sondern unser wichtigstes Lebensmittel. Bei der Wasserversorgung geht es um den Kern kommunaler Daseinsvorsorge, das soll vor Ort entschieden werden, nicht in Brüssel“, erklärte Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU). Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) schließt sich dem an: „Dass die EU-Kommission eingesehen hat, dass die Wasserversorgung Gemeingut bleiben muss, ist ein Erfolg für die nachhaltige Kritik vieler Bürgerinnen und Bürger in Bayern und in ganz Deutschland.“
Das Thema Wasser nimmt im Bewusstsein der Bevölkerung einen immer größeren Stellenwert ein. Die Forderungen eines Rechts auf Wasser und der Protest gegen die Pläne großer Konzerne, Wasser zu einer Ware zu machen, nehmen immer weiter zu. Der Erfolg der ersten europäischen Bürgerinitiative ist ein Sieg der Demokratie. Die Bürger der EU haben gemeinsam einen großen Sieg errungen. Ein Sieg, so klar wie Wasser.

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