Boot-verzweifelte-Flüchtlinge

Wochenlang ließen Thailand, Malaysia und Indonesien über 8.000 Flüchtlinge nicht an Land. Sie wurden auf der See abgefangen, mit Lebensmittel und Wasser versorgt um anschließend wieder auf das offene Meer hinausgeschleppt zu werden. Alle drei Staaten weigerten sich bisher die aus Burma vertriebenen Menschen aufzunehmen. Malaysia und Indonesien lenken nun ein - unter Bedingungen.

Malaysia und Indonesien lassen Flüchtlinge, die es aus eigener Kraft ans Ufer schaffen, vorübergehend für ein Jahr ins Land. Die internationale Gemeinschaft ist aufgefordert innerhalb einen Jahres für die Flüchtlinge einen besiedelbaren Ort zu finden.

Bei den Flüchtlingen handelt es sich um Rohingya, eine muslimische Minderheit die im buddhistischen Burma ansässig ist. Britischen Kolonialherren brachten sie vor etwa 150 Jahren aus dem heutigen Bangladesh an den Südosten von Myanmar. Ihre Zahl wird mittlerweile auf über eine Millionen geschätzt. Obwohl sie schon seit über eineinhalb Jahrhunderten dort wohnhaft sind, sieht die Regierung Burmas sie als illegale Einwanderer an und verweigert ihnen die Staatsbürgerschaft.

Seit der Unabhängigkeit Myanmars am 4. Januar 1948 wurden die Rohingya systematisch verfolgt und vertrieben. Auf Druck des Regimes wurden seither neunzehn groß angelegte Militäroperationen gegen die Rohingya vollzogen, wobei viele Rohingya getötet und deren Siedlungen verwüstet wurden. Sogar Heiligtümer wurden zerstört und die Infrastruktur systematisch zerstört. Zudem wird den Rohingya das Leben zusätzlich auf anderen Ebenen schwer gemacht.

Das Militärregime verhängte über die Rohingya Reisebeschränkungen innerhalb der Landesgrenzen, in die Stadt, in andere Dörfer. Sie werden zur Zwangsarbeit gezwungen. Das Militärregime zerstört privates Eigentum, konfisziert privaten Boden und nötigt sie ins Exil. Für die Rohingya gibt es Heiratsbeschränkungen, illegale Besteuerung, illegale Machenschaften bei der Registrierung von Geburten und Todesfällen, Einschränkungen in der schulischen Erziehung, unrechtmäßige Inhaftierungen, Folter und Tötungen. Es kommt zu Vergewaltigungen von Frauen und Misshandlungen älterer Menschen. Es wird eine systematische Dezimierung der Rohingya betrieben. Offiziell werden sie nicht als eigenständige Bevölkerungsgruppe anerkannt.

Nachdem Ende der Militärdiktatur 2011 sah es aus als ob sich das Leben für die Rohingya bessern würde. Doch es kam anders. Buddhistische Mönche schüren den Hass auf Muslime. Bei den schweren Unruhen 2012 kamen über 70 Personen ums Leben. Die Behörden ließen 140.000 Rohingya aus ihren Häusern und Boden vertreiben und pferchte sie in Lagern mit Stacheldrahtumzäunung ein. Ein Großteil von ihnen lebt heute noch dort.

Viele fliehen aus Burma und versuchen in anderen Ländern ihr Glück. Unzählige Rohingya werden dabei Opfer von kriminellen Gruppen und Banden. Diejenigen die es nicht bis in ein anderes Land schaffen, werden zu Opfern von Menschenhändlern, Schleppern und Entführern. Sie werden zur Prostitution gezwungen, landen als Sklaven auf Fischerbooten oder es wird versucht von den Familienangehörigen Lösegeld zu erpressen.

Seit zwei Wochen machte die thailändische Regierung um Ministerpräsident General Prayut Chan-o-cha Jagd auf die Schlepper und Menschenhändler. Seit diesem Zeitpunkt sind die Häfen Thailands kein Anlaufpunkt mehr für die fliehenden Rohingya. Indonesien hatte vor wenigen Tagen noch hunderte Flüchtlinge mit Lebensmitteln und Wasser versorgt, aber sie weiter nach Malaysia geschickt mit der Begründung, dass die Flüchtlinge das selbst so wollten.

Viel wahrscheinlicher ist die Tatsache, dass diese harte Einstellung gegenüber Immigranten innenpolitisch sehr gut ankommt. Noch vor wenigen Tagen hatte das sonst so aufnahmewillige Malaysia die Einreise für Flüchtlinge gestoppt. Der stellvertretenden Innenminister Wan Junaidi Tuanku Jaafar erklärte den Kurswechsel. “Wir müssen bedenken, was unsere Bürger von uns sehen wollen. Und sie wollen nicht sehen, dass Immigranten in unser Land kommen”, so der Junaidi. Die politische Führung des Landes reagiert damit auf die zunehmend fremdenfeindliche Stimmung im Land. Laut Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen hat Malaysia mittlerweile mehr als 150.000 Flüchtlinge aufgenommen, darunter etwa 45.000 Rohingya. Die Marine kündigte an alle Boote abzufangen und zurück in internationale Gewässer zu ziehen.

Thailand hat alle betroffenen Staaten zu einer Krisensitzung am 29. Mai eingeladen. Auch Vertreter Burmas sollen sich an dem Treffen teilnehmen, weil man da die Ursache des Problems sieht. Der stellvertretenden Innenminister Wan Junaidi Tuanku Jaafar richtet sich diesmal mit klaren Worten an Burma. “Ihr redet über Demokratie, dann behandelt eure Bürger nicht wie Müll, wie Kriminelle, bis sie weglaufen und sich in unser Land flüchten müssen”, kritisiert der Innenminister. Jahrelang hatte alle Staaten das Geschehen um die Rohingya innerhalb Burma ignoriert. Doch jetzt ist der Geduldsfaden wohl gerissen. Laut UNO-Berichten sind allein in den letzten drei Jahren über 120.000 Rohingya aus Burma geflohen um Zuflucht in den Nachbarländern zu finden.

Alle beteiligten Länder erleiden einen politischen Imageschaden aufgrund dieser Vorkommnisse. Thailand und Indonesien sind schon seit langem bemüht die Handelsbeziehungen zu Australien und den USA zu verbessern und Teil des Trans-Pazifik-Vertrags zu werden. Doch Washington weigert sich Staaten aufzunehmen in denen Menschenhandel in großem Maße betrieben wird. Washington stufte Malaysia und Thailand in die dritte und unterste Kategorie in Belangen des Menschenhandels runter.

Jetzt haben Indonesien und Malaysia eingelenkt und heben die Blockaden auf, doch nur unter Vorbehalt. Die Staaten sind bereit die Notleidenden vorerst aufzunehmen, doch langfristigen Aufenthalt gewährt wird ihnen nicht. Der Malaysias Außenminister Anifah Aman erklärt: „Wir werden ihnen vorübergehend Unterschlupf gewähren - vorausgesetzt, die internationale Gemeinschaft sorgt innerhalb eines Jahres dafür, dass sie anderswo angesiedelt werden.“ Das gilt aber auch nur für diejenigen die es mit eigener Kraft bis an das Ufer schaffen. Die Küstenwache wird nicht aktiv nach Flüchtlingen auf offener See suchen.

712 Flüchtlinge wurden vor der Küste Indonesiens von Fischern gerettet. Ihr Boot kam in Seenot. Laut Angaben nahmen sechs Fischerboote die in Not geratenen Flüchtlinge auf und brachten sie in die Stadt Langsa, Sunarya. Das Flüchtlingsboot sank. Die Flüchtlinge stammten aus Bangladesch oder sind fliehende Rohingya aus Burma.

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