Abgase

Die Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen die Stadt Düsseldorf wegen zu hoher Luftbelastung und andauernden Überschreitungen der Grenzwerte war erfolgreich. Erstmals ging ein Gericht bei der Verurteilung weiter als in ähnlichen Fällen. Ein Verbot für Dieselfahrzeuge ist nicht nur eine mögliche Maßnahme zur Einhaltung der Luftqualität – es muss zwangsläufig kommen.

„Der Beklagte wird verurteilt, den Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013 so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält“, so das Urteil.

Viele Städte haben mit dem Problem Luftverschmutzung zu kämpfen. Die Deutsche Umwelthilfe hat schon mehrmals Klagen eingereicht und erreicht, dass Städte ihre Luftreinhaltepläne schneller und besser umsetzen. Mit dem Urteil gegen die Stadt Düsseldorf entschied das Gericht strenger und hat explizit ein begrenztes Diesel-Fahrverbot angeregt. Von einem „bahnbrechenden“ Urteil spricht daher die Deutsche Umwelthilfe. Bei deutlicher Überschreitung der Grenzwerte müsse nun ein Diesel-Fahrverbot kommen, es sei keine Option mehr.

Die Richter argumentierten, dass die rechtlichen Grundlagen für Fahrverbote bereits vorhanden seien. Die Bundesländer, Städte und Gemeinden müssen nicht darauf warten bis auf Bundesebene die sogenannte „Blaue Plakette“ eingeführt wird. Ob diese überhaupt kommt ist fraglich, denn Bund und Länder sind sich uneinig, wie gegen die Luftverschmutzungen vorgegangen werden sollte. Umweltministerium und Länder fordern die „Blaue Plakette“ während sich Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) dagegen sperrt. Er schlägt vor, dass die Kommunen bei hohen Stickstoffwerten ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge verhängen sollen, wie Dobrindt den betroffenen Städten in einer Antwort auf eine schriftliche Frage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel nahe legte. Das Bundesimmissionsschutzgesetz lässt Fahrverbote in solchen Fällen schon heute zu, argumentiert er. So schiebt jede Seite dem anderen den schwarzen Peter zu.

Genau in diese Lücke hat auch das Verwaltungsgericht Düsseldorf geschlagen. Ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge dränge sich jetzt auf sagten die Richter, wie ein Sprecher der Justizbehörde erklärte. Es sei schließlich unbestritten, dass Dieselautos maßgeblich zu den Emissionen beitragen. Zudem bezeichnete das Gericht die Stadt bezüglich der Durchsetzung des Luftreinhalteplans als inkompetent. „Auf die – unstreitig – fehlende Kompetenz des Beklagten zur Einführung einer Blauen Plakette (im Rahmen der 35. BImSchV), die sicherlich hinsichtlich Bundeseinheitlichkeit und Kontrollierbarkeit die bessere Lösung wäre, kann sich dieser gerade angesichts der auch ihn treffenden staatlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG (vor Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit und der Gesundheit) nicht mit Erfolg berufen. Denn die gegenwärtigen bundesrechtlichen Regelungen erlauben dem Beklagten und bzw. zusammen mit der Beigeladenen schon heute die Anordnung von Fahrverboten für (bestimmte) Dieselfahrzeuge“, geht aus dem Urteil hervor.

Ein so konkretes Fahrverbot wie nun in Düsseldorf wurde bislang aber noch nicht ausgesprochen“, sagte DUH-Anwalt Remo Klinger. Damit sei der Weg geebnet Fahrverbote für Dieselfahrzeuge umzusetzen. Zudem ist dieses Urteil richtungsweisend für zukünftige Rechtsprechungen. Die Stadt ist jetzt in Zugzwang. Das Gericht habe auch eine Frist gesetzt. Bis Oktober 2017 müssen konkrete Pläne dafür erarbeiten werden. „In dem Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013, der durchaus beachtliche Maßnahmen zur Senkung der vom Straßenverkehr ausgehenden Schadstoffemissionen wie die Grüne Umweltzone enthält, fehlt allerdings eine differenzierte Auseinandersetzung mit der besonderen Problematik von Dieselfahrzeugen, die unstreitig (gegenüber benzinbetriebenen Fahrzeugen) überproportional an der Überschreitung des NO2-Grenzwertes beteiligt sind. Zwar enthält Kapitel 7 Möglichkeiten zur weiteren Verbesserung der Luftqualität, darunter den Wegfall der staatlichen Förderung von Dieselkraftstoff (Ziff. 7.1, S. 149 f.), die Änderung der Besteuerung von Dienstwagen (Ziff. 7.2, S. 150 f.) und die Förderung der Nachrüstung von SCRT-Filtersystemen im Bereich der ÖPNV-Flotten (Ziff. 7.7, S. 153). Diese stehen jedoch im Kontext weiterer Regelungen auf europäischer und nationaler Ebene. Effektive – in der Zuständigkeit des Beklagten bzw. der Beigeladenen selbst liegende – Maßnahmen zur Eingrenzung der von Dieselfahrzeugen ausgehenden Emissionen werden hingegen gar nicht erst ernsthaft in den Blick genommen, obwohl dem Beklagten die Sachlage ausweislich der oben angeführten Ziff. 7.1 des Luftreinhalteplans schon 2012 hinreichend bewusst war“, steht im Urteil. Allerdings kann gegen das Urteil noch Berufung eingelegt werden.

Die Deutsche Umwelthilfe war auch treibende Kraft beim Dieselabgasskandal, dem sogenannten Diesel-Gate, der insbesondere mit VW in Verbindung gebracht wird. Die Deutsche Umwelthilfe hat in Zusammenarbeit mit amerikanischen Umweltschützern auf die Manipulationen bei den Abgaswerten von Dieselfahrzeugen aufmerksam gemacht. Mit Axel Friedrich, ehemaliger Experte des Umweltbundesamtes, ist auch ein anerkannter Fachmann bei der Umwelthilfe. Friedrich hat seit jeher ganz genau auf die Angaben der Hersteller geachtet und diese hinterfragt. „Wir wissen ziemlich genau, wer hier betrügt. Man kann sagen, es sind fast alle. Wir sehen, dass VW hier eher ein graues Schaf ist, denn wir haben andere tiefschwarze Schafe: Ich sehe, dass Fiat, Renault-Nissan, GM-Opel und Ford bei allen Modellen, die wir gemessen haben, weit über den Grenzwerten liegen. Auch der Kunde wird hier betrogen. Er kauft sich ein Fahrzeug mit sauberer Euro-sechs-Norm, bekommt es aber gar nicht. Das ist nicht nur Betrug an der Umwelt, sondern auch am Käufer“, so Friedrich.

Die Diesel-Affäre hat für viel Wirbel gesorgt. Es wurden Untersuchungsausschüsse in unterschiedlichen Parlamenten einberufen, VW musste sich einer Milliardenklage in den USA stellen und viele Käufer sind ratlos was dies am Ende für sie bedeutet. Allein aus dem VW-Konzern sind elf Millionen Fahrzeuge betroffen. Nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe seien die politischen Reaktionen zu kritisieren, insbesondere handelt Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt weiterhin zu Industrie-freundlich, so Hauptgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe Jürgen Resch. So wurde beispielsweise seitens des Ministeriums auf amtliche Rückrufe der betreffenden Fahrzeuge verzichtet. Des weiteren erlaubt Dobrindt gewisse Abweichungen von den vorgeschriebenen Normen.

„Nun möchte er mit sogenannten freiwilligen Rückrufen, hier handelt er dann die Bedingungen mit den Unternehmen aus, Verbesserungen erreichen. Wenn er aber ausdrücklich zugesteht, dass Porsche nur bis fünf Grad Celsius eine Abgas-Reinigung vornehmen muss, dann erlaubt er dies umgekehrt auch der gesamten Autoindustrie. Die Folge ist eine Zunahme von Stickstoffdioxid in den Städten. Unseres Erachtens ist dies eine Rechtsbeugung“, so Resch. Die Deutsche Umwelthilfe wird weiter ihr Ziel verfolgen nennenswerte Verbesserung der Schadstoffwerte auf den Straßen zu erreichen. Politik und Hersteller müssen zu Maßnahmen und Transparenz verpflichtet werden. Notfalls weiterhin mit Hilfe der Justiz, weshalb weiter Klagen durch die Umwelthilfe folgen werden.

„Wir müssen erreichen, dass künftig nur noch Fahrzeuge verkauft werden, die in allen Betriebszuständen die Grenzwerte einhalten. Dauerhafte Abschaltungen sollten nicht mehr erlaubt sein. Solange aber die meisten Dieselfahrzeuge die Grenzwerte um das bis zu 20-fache überschreiten, brauchen wir jetzt Fahrverbote in deutschen Städten. Das wird vielleicht dazu beitragen, dass die deutsche Automobilindustrie wirklich versucht, saubere Dieselfahrzeuge auch in Europa zu verkaufen“, sagt Resch.

Nach dem positiven Urteil in Düsseldorf in Sachen bessere Luft, hat die Deutsche Umwelthilfe ihre Klage gegen die Stadt Mainz wieder aufgenommen. Der Rechtsstreit in Mainz dauert schon mehrere Jahre an und das Land Rheinland-Pfalz und die Stadt Mainz sollten gerichtlich dazu gezwungen werden, den Luftreinhalteplan effektiver zu gestalten. Weil die Stadt Mainz jedoch Verbesserungen zusagte, lies die Deutsche Umwelthilfe das Verfahren nach wenigen Wochen ruhen. Mainz habe zwar unter anderem die geforderte Umweltzone eingerichtet, doch habe diese nur minimale Verbesserungen gebracht. Zu weiteren Schritten war Mainz nicht bereit. „Jetzt ist einfach genug. Mainz muss endlich handeln“, so Resch.

Mit der Klage sollen jetzt Verbote für Dieselfahrzeuge juristisch durchgesetzt werden. Das Urteil von Düsseldorf kann hier richtungsweisend für die Urteilsfindung sein. „Es geht um den Rechtsanspruch des Bürgers auf saubere Luft“, so Resch. Laut eigenen Angaben klagt die Deutsche Umwelthilfe auch in Essen, Gelsenkirchen, Aachen, Köln und Bonn. „Hier sind Bürger anhaltend zu hoher Luftverschmutzung ausgesetzt“, erklärt der Umweltverband.

 

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