Frauen-trinken-Alkohol

Hoher Alkoholkonsum wird meist mit dem männlichen Geschlecht in Verbindung gebracht. Ein Trugschluss wie neueste Daten zeigen. Frauen stehen beim Alkoholkonsum den Männern in nichts nach. Der Konsum der Volksdroge Nummer 1 liegt in Deutschland zudem über dem Europäischen Durchschnitt.

Gesundheitsexperten sehen die Entwicklung des allgemeinen Alkoholkonsums und insbesondere von Frauen mit Besorgnis. Eine aktuelle Studie belegt, dass Frauen ähnlich viel Alkohol konsumieren wie gleichaltrige Männer. Ein hoher Alkoholkonsum ist ein erheblicher Risikofaktor für die Gesundheit. Längst ist erwiesen, dass übermäßiger, regelmäßiger Alkoholkonsum auf alle Organe schädlich wirkt und verantwortlich für zahlreiche Krankheiten wie Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, Herzmuskelschäden, Fettleber, Gehirnschäden, Gastritis und Bauchspeicheldrüsenentzündung. Hoher Alkoholkonsum kann auch Auslöser für sieben verschiedene Krebserkrankungen sein, insbesondere der Leber, in Mundhöhle, Rachenraum und Speiseröhre, des Enddarms und der (weiblichen) Brustdrüse.

Trotz der bekannten Risiken gehört Alkohol zu allen gesellschaftlichen Unternehmungen. Sei es ein Filmabend mit Freunden, das Grillen im Garten, das Ausgehen in geselliger Runde oder der entspannte Feierabend mit den Kollegen in einer Bar. In der Vergangenheit galten Frauen eher zurückhaltender als Männer beim Trinken. Frauen vertragen Alkohol weniger und gesundheitlich wirkt er sich zudem bei Ihnen dramatischer aus. Forscher fanden heraus, dass Frauen anfälliger für alkoholbedingte Leberschäden sind und auch das Herz erheblich stärker geschädigt wird. Umso erschreckender ist die Tatsache, dass heutzutage der Konsum von Frauen dem von Männern angeglichen ist.

Etwa ab dem Jahrgang 1966 glich sich der Alkoholkonsum der Geschlechter langsam aneinander an, wie die Wissenschaftler der „University of New South Wales“ herausfanden. Sie analysierten 68 Studien und veröffentlichten ihre Ergebnisse im Fachmagazin „BMJ Open“. Die Daten der zwischen 1980 und 2014 analysierten Studien erfassten über 4,4 Millionen Teilnehmer. Drei Viertel der ausgewerteten Studien stammen aus Europa und Nordamerika. Teilweise handelte es sich um Langzeitstudien, die ganze Jahrzehnte abdeckten.

Bei den Geburtsjahrgängen zwischen 1891 und 1910 war der Alkoholkonsum von Männern doppelt so hoch wie der von Frauen, sofern die alten Daten überhaupt genaue Angaben ermöglichen. Beide Geschlechter der Geburtsjahrgänge zwischen 1991 und 2000 trinken beinahe identisch. Nach Angaben der Forscher sank der Unterschied über den gesamten Zeitraum alle fünf Jahre um rund 4,2 Prozent. War übermäßiger Alkoholkonsum bei Männern im frühen 20. Jahrhundert noch drei Mal häufiger als bei Frauen, lag er am Ende des letzten Jahrhunderts nur noch bei 1,3. Auch bei durch Alkohol bedingten Gesundheitsproblemen ist die Quote für denselben Zeitraum von 3,6 auf 1,3 gefallen.
„Alkoholgebrauch und problematischer Alkoholgebrauch galten historisch eher als ein Phänomen bei Männern“, ist einer Mitteilung der australischen Wissenschaftler zu entnehmen. „Wir müssen bei Aufklärungskampagnen sicherstellen, dass wir sowohl Männer als auch Frauen erreichen und ihnen die Gefahren durch Alkohol aufzeigen. Wir müssen Jugendliche im Visier haben, bevor sie sich Trinkmuster angeeignet haben“, sagen die Wissenschaftler.

Die Studie hat allerdings nur den Alkoholkonsum von Frauen im Verhältnis zu dem von Männern untersucht, nicht jedoch die konsumierte Menge. Daher geht daraus nicht hervor ob die Zahlen auf einen stark steigenden Konsum von Frauen, einem fallenden Konsum bei Männern oder in welcher Relation auf beides zurückgeht. Allerdings sprechen die Wissenschaftler von Hinweisen, die darauf schließen lassen, dass sich der Alkoholkonsum bei Frauen erhöht hat und heute mehr trinken als früher. Für Frauen gelten tägliche Alkoholmengen von maximal 0,25 Liter Bier oder 0,1 Liter Wein als unbedenklich. Für Männer liegen die Werte bei 0,5 Liter Bier und 0,2 Liter Wein. Die These, dass moderater Alkoholkonsum sogar gesundheitsfördernd ist, bleibt wissenschaftlich umstritten. Zudem wird meist mehr als die unbedenklichen Mengen getrunken.

Die Deutschen trinken relativ viel Alkohol. Nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) anlässlich des Weltdrogentages im Juni liegt der jährliche Pro-Kopf Konsum (ab 15 Jahre) mit 12,87 Liter Reinalkohol einen Liter über dem Europäischen Durchschnitt. Jährlich sind 74.000 Todesfälle auf Alkoholkonsum oder kombiniertem Alkohol- und Tabakkonsum zurückzuführen. Die Ergebnisse der Studie kann Gabriele Bartsch von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen in Hamm bestätigen. „Wir beobachten schon länger, dass sich der Alkoholkonsum von Männern und Frauen samt der damit verbundenen Probleme immer mehr annähert“, so Bartsch.

Ein Grund dafür ist die gesellschaftliche Entwicklung. Frauen stehen heute zahlreicher im Berufsleben, verdienen ihr eigenes Geld und sind selbstbewusster. Tendenziell ist der Anteil von Frauen mit höherem Einkommen beim Alkoholkonsum hoch. Auch der Markt hat die Zielgruppe im Visier. Es gibt wesentlich mehr Alkoholika die direkt Frauen ansprechen als noch vor wenigen Jahrzehnten. Das Robert-Koch-Institut veröffentlichte im letzten Jahr den Bundesgesundheits-Survey. Daraus geht hervor, dass der riskante Alkoholkonsum in Deutschland bei Frauen mit 13 Prozent ähnlich hoch sei wie bei den Männern mit 16 Prozent