Plastik-Müll-Strand-Menschen

Laut einer Studie von Forschern der University of Georgia wird sich bis 2025 die Menge des Plastikmülls in den Weltmeeren verdoppeln. Jährlich kommen zwischen 4,8 und 12,7 Millionen Tonnen hinzu, was pro Minute etwa das Abkippen einer LKW-Ladung Plastikmüll entspricht. Bis 2050 wird die Menge des Plastikmülls sogar die Masse aller Fische der Weltmeere übertreffen.

Derzeit sind die Weltmeere mit rund 150 Millionen Tonnen Plastikmüll verseucht, die Weltmeere ertrinken förmlich in Plastik. Den Großteil machen Plastiktüten und Plastikflaschen sowie Einwegrasierer, Zahnbürsten, Feuerzeuge und CD-Hüllen. Aber auch große Teile wie Eimer, Fässer, Kanister oder verlorene Fischernetze sind in unfassbaren Mengen vorhanden. Die Wellen und Gezeiten zermahlen das Plastik in immer kleinere Teile. So schwimmen heute auf jedem Quadratkilometer der Ozeane bis zu 46.000 Teile Plastikmüll.

Aufgrund der Strömungen werden die Teile in gigantischen Strudeln gefangen. Der „Great Pacific Garbage Patch“ im Nordpazifik ist einer der größten und wächst immer weiter. Er hat mittlerweile die Größe von Zentraleuropa erreicht. „Das ist bei Weitem nicht der einzige Müllteppich, derartige Strudel gibt es in allen Ozeanen. Im Nordatlantik wurde zum Beispiel auch ein Müllstrudel entdeckt. Und in Nord- und Ostsee treibt ebenfalls jede Menge Müll“, erklärt Stephan Lutter, Meeresexperte der Umweltorganisation WWF.

Es wurde bisher davon ausgegangen, dass die gigantischen Müllteppiche das Plastik von anderen Meeresregion fernhalten, doch eine neue Studie hat dies wiederlegt. Der Plastikmüll erreicht selbst die entlegensten Gebiete wie das Polarmeer. So fanden die Forscher um den Meeresbiologen Andrés Cózar von der spanischen Universität Cadiz heraus, dass durch eine starke Strömung aus dem Nordatlantik der Plastikmüll auch in die Grönland- und Barentssee transportiert wird.

Das Forscherteam nahm bei einer Expedition um den Nordpol an 42 Stellen Wasserproben. Die darin enthaltenen Plastikteile wurden getrocknet, gewogen und vermessen. Hauptsächlich waren die Teile zwischen 0,6 und 12,6 Millimeter groß. Die Art des Mülls und die Zusammensetzung gleichen dem der großen Müllteppiche. Aufgrund der Größe der Teile ist das Plastik allerdings schon einige Jahre im Wasser.

Überrascht waren die Forscher von der Menge des gesammelten Mülls. Nach ihren Berechnungen schwimmen bis zu 1.200 Tonnen Plastik in den Polargewässern. Auf die Grönland- und Barentssee fallen 95 Prozent. Ein Drittel des Plastikmülls (400 Tonnen) sind 300 Milliarden kleine Teilchen, was weniger als drei Prozent des globalen Plastikmülls in den Meeren ausmacht. Da die Arktis dünn besiedelt ist und auch der Schiffsverkehr gering ausfällt wird der Plastikmüll in die Polargebiete gespült. Das zeigen auch die Modelle der sogenannten thermohalinen Zirkulation. Vier der fünf Weltmeere sind durch ein Strömungssystem verbunden, einem globalen Kreislaufs sozusagen. Die aus dem Atlantik und dem Norden strömenden Wassermassen enden in der Grönland- und Barentssee allerdings in einer Art Sackgasse. Daher sammelt sich dort mit der Zeit immer mehr Plastikmüll an.

Auch vier Eisbohrungen zeigen wie weit verbreitet der Plastikmüll in der Arktis bereits ist. Im Eis eingeschlossen waren beträchtliche Mengen an Mikroplastikstücken. „Wir verstehen die aktuellen oder künftigen Folgen der Vermüllung unserer Ozeane noch nicht vollständig“, sagt Meeresbiologe Cózar. „Doch wir wissen, dass die Konsequenzen in dem Meeresökosystemen in großen Ausmaß spürbar sein werden.“

Die Auswirkungen der Vermüllung sind vielfältig. Insbesondere Meeressäuger, Schildkröten und Vögel sind zunehmend gefährdet. Sie sterben entweder durch das fressen des Mülls oder verfangen sich darin. Zudem reichern sich giftige Substanzen an oder invasive Arten Verbreiten sich stärker. Für die Tierwelt stellt das Mikroplastik die größte Gefährdung dar, da sie mit Plankton verwechselt werden. „Sogar in Muscheln, die Planktonfiltrierer sind, konnte man schon kleine Plastikteilchen nachweisen. An manchen Stellen befindet sich heute sechsmal mehr Plastik als Plankton im Meereswasser und auch das Plankton selbst reichert feinste Plastikteilchen in sich an“, erklärt Stephan Lutter, WWF-Experte für Meeresschutz.

Neben den Planktonfressenden Meeresbewohnern sind Vögel gefährdet. Immer mehr untersuchte tote Vögel haben Kunststoffteile im Magen. Sie ersticken, erleiden eine tödliche Verstopfung oder verhungern qualvoll mit vollem Magen. Dass die Vermüllung der Meere damit zusammenhängt zeigen die Mageninhalte von toten Eissturmvögeln. Der Hochseevogel sucht seine Nahrung ausschließlich im Meer. Bei einer Untersuchung fanden Forscher in 93 Prozent der Vögel Plastikteile im Magen mit einem Durchschnitt von 27 Teilen pro Vogel. Die Tage für den Eissturmvogel sind gezählt, denn solche Zahlen geben wenig Hoffnung auf ein fortbestehen der Art. Seevögel an sich fressen gerne was auf der Oberfläche schwimmt. "Oftmals fressen sie Plastikmüll wie Schraubverschlüsse, Reste von Zahnbürsten oder Feuerzeuge. Dieses Plastik wird auch an die Jungvögel verfüttert, die dann mit vollem Magen verhungern und verdursten“, sagt Thilo Maack.

Ein Lebewesen, das sich eigentlich durch ein langes Leben auszeichnet und schon jetzt zu den bedrohten Tierarten gehört, wird durch den Plastikmüll zusätzlich dezimiert. Die Lederschildkröte ist mit Vorliebe Quallen. Das Reptil verwechselt treibende Plastiktüten mit ihrer Leibspeise. Einmal gefressen, blockieren die unverdaulichen Einkaufstüten die Magenpassage und die Tiere verenden elendig. Selbst in einem am schottischen Strand gefundenen Zwergwahl wurden 800 Kilogramm Plastik gefunden. Im Müll verfangen können sich alle Lebewesen, egal ob Säuger, Fische, Vögel oder Weich- und Krustentiere. „Ein trauriger Klassiker aus der Nordsee sind Seevögel, die sich in den Plastikringen von Sixpacks verheddert haben“, erzählt Stephan Lutter, WWF Experte für Meeresschutz. Ein weiteres Problem sind sogenannte Geisternetze. Die verlorenen oder illegal entsorgten Fischernetze, fischen sozusagen ewig weiter. Wenn sie sich in Riffen verankern, zerstören sie, neben dem Töten der Meereslebewesen, zusätzlich die Riffstruktur.

Das ökologische Desaster trifft am Ende auch den Menschen. Die Mikropartikel gelangen in so ziemlich alle Meerestiere, die auch auf unserem Teller landen. So gelangt der Müll der Ozeane auch in den menschlichen Körper. Die Konsequenzen daraus sind noch unerforscht, doch unbestritten enthält Plastik diverse Giftstoffe wie Weichmacher oder Flammschutzmittel. „Vor allem in Elektronikteilen sollen Flammschutzmittel die Entzündbarkeit senken. Wenn Plastikteilchen von Meerestieren aufgenommen werden, wandern die Giftstoffe letztlich ins Fettgewebe. Sie sind fettlöslich und schwer abbaubar, deshalb reichern sie sich dort an. Solche Umweltgifte können wie Hormone wirken, krebserregend sein und die Fruchtbarkeit schädigen“, erklärt Stephan Lutter. Neben den Giftstoffen im Plastik sammeln sich auf der Oberfläche stetig mehr Umweltgifte an, da die schwimmenden Plastikteppiche wie ein Magnet wirken. Diese Umweltgifte reichern sich in den Geweben der Meeresbewohner an, die wir wiederum verzehren.

Die Prognose das Problem in den Griff zu kriegen ist schlecht. Eine für das Weltwirtschaftsforum erstellte Studie der US-amerikanischen Ellen MacArthur Foundation errechnete, dass bereits heute die Masse des Plastikmülls in etwa 20 Prozent der Masse aller Fische ausmacht. Im Jahr 2025 ist das Verhältnis schon eins zu drei, also für drei Kilogramm Fisch in den Meeren schwimmen auch ein Kilogramm Plastikmüll darin. Im Jahr 2050 übersteigt der Plastikmüll die Biomasse der Fische.

AVAAZ, ein weltweites Kampagnen-Netzwerk, sammelt im Moment Unterschriften für eine Petition gegen die Vermüllung der Meere. „Wenn eine Million von uns sich dem globalen Aufruf anschließen, wird der Leiter des UN-Umweltprogramms unsere Petition auf dem Podium der Versammlung ankündigen und mit uns zusammenarbeiten. So können wir die Länder dazu bringen, Einweg-Plastik zu verbieten und unseren Ozeanen helfen, wieder zu atmen“, schreibt AVAAZ auf ihrer Webseite. Unterstützen Sie die Petition – eine E-Mail reicht als Unterschrift für die Petition – Ja, ich mache mit!

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