baschir-Nil-Wasserkonflikt

Der Nil war schon jeher ein Konfliktthema zwischen dem Sudan und den Anrainer-Staaten. Er war in der Vergangenheit sogar schon einmal ein Auslöser für Krieg, was nur wenigen bekannt ist. Aktuell droht wieder der Nil zum Konfliktherd zu werden und islamistische Terroristen lauern auf den Zerfall der Regierung in der Hauptstadt Khartum.

Die Haupstadt Khartum des Sudan mit seinen knapp drei Millionen Einwohnern liegt genau beim Zusammenfluss des blauen und weißen Nil. Der Nil ist für den Sudan die lebenswichtige Ader überhaupt, was sich in den jahrzehntelangen Konflikten wiederspiegelt. Wasser im Allgemeinen und der Nil im Besonderen sind elementar in der Historie des afrikanischen Landes. „Seitdem wir existieren, haben wir nur Krieg gehabt“, sagt Mutaz Musa, der Wasserminister Sudans. Mit der Unabhängigkeit von Großbritannien 1956 wurde um die Macht im Land gekämpft. Ab 1983 wurde um das Wasser gekämpft.

„Wenn es immer so schön heißt, dass die nächsten Kriege nicht mehr um Öl, sondern um Wasser geführt würden – im Sudan ist das längst Realität“, erklärt Musa. Was viele Menschen nicht ahnen, ist das der Bürgerkrieg im Süden, der sich anschließend auf Darfur ausweitete, „ein Krieg ums Wasser“ war. Angefangen hat alles mit einem Konflikt zwischen Nomaden und sesshaften Bauern ums Wasser. „Wenn bis zu 10.000 nomadisierende Tiere gleichzeitig am Wasserloch getränkt werden, bleibt nichts mehr übrig für den Ackerbau“, sagt der Wasserminister. Die Konflikte haben sich dann zu ethnischen und religiösen Spannungen entwickelt, die eine Spaltung zwischen dem Norden und den Süden des Landes herbeiführten und ihr grausames Bild im Genozid in Darfur zeigten.

Wasserminister Musa verwaltet seit fünf Jahren das Wasser des Nils und ist verantwortlich für die Staudämme und die Elektrizität. Knapp dreiviertel des Stroms gewinnt der Sudan aus Wasserkraft, was nach der Abspaltung des Südsudans mit seinen vielen Ölquellen umso existenzieller für das Land ist. Jetzt muss sich Musa mit dem nächsten bevorstehenden Wasserkrieg beschäftigen. „Ägypten muss sich entscheiden. Entweder die Ägypter geben ihre Vogel-Strauß-Politik auf und finden eine Lösung, oder wir haben hier einen unendlichen Konflikt“, erklärt der Wasserminister die Problematik bei der Verteilung des Nilwassers. Der unter britischer Führung abgeschlossene Vertrag von 1929 regelt die Mengen an Wasser, die Ägypten entnehmen darf. Aufgrund der Unabhängigkeit des Sudan wurde 30 Jahre später ein Folgeabkommen geschlossen. Auf dieses pocht Ägypten, doch die anderen 11 Anrainerstaaten wollen die Entnahmemengen ändern, da sie nicht mehr zeitgemäß sind. Es gilt die Zuteilungen der aktuellen Situation anzupassen. So will Äthiopien beispielsweise mit dem Bau des Renaissance-Staudamms seine eigene Stromversorgung sichern und überschüssige Energie an die Nachbarländer verkaufen. Damit soll die wirtschaftliche Entwicklung des Landes vorangetrieben werden.

Der Sudan käme mit seinen bisher 18,5 Milliarden Kubikmeter auch weiterhin aus, die es dem Nil entnimmt. Es würde sogar für die in Erwägung gezogenen Wasserleitungen an das Rote Meer und nach Darfur ausreichen. „Je mehr wir Darfur entwickeln, desto weniger Konflikte werden wir dort haben“, hofft Musa. Der Sudan will die UN loswerden und hält Darfur fest im Griff. Es soll nicht wie der Süden wegbrechen. An der Grenze zum Tschad, im Westen Darfurs gibt es noch immer Kämpfe. Eine Einigung zwischen der Regierung des Sudan und den Rebellen ist in weiter Ferne, selbst nach 12 Jahren des Bürgerkriegs. Präsident Baschir ruft zur Versöhnung auf und kündigte einen nationalen Dialog an, bei dem sich alle verfeindeten Parteien beteiligen sollen. Aber das Misstrauen gegenüber dem „Schlächter“ ist groß, der für Tausende Tote verantwortlich sein soll und buchstäblich über Leichen geht, um seine Ziele zu verwirklichen. Auch die International Crisis Group sieht den Dialog skeptisch, da seitens der Sudanesischen Regierung kein Entgegenkommen zu erwarten ist.“Solange sich nicht beide Seiten aufeinander zubewegen, sind ein andauernder heftiger Krieg und humanitäre Krisen unausweichlich", heißt es in einer veröffentlichten Analyse.

„Baschir hatte seinen Rücktritt angeboten, aber die Partei hat ihn gebeten, für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren zu kandidieren“, sagte sein Assistent Ibrahim Ghandour. Es besteht die Gefahr, dass mit den zunehmenden Abweichlern nicht nur die Nationale Kongresspartei (NCP) auseinander fallen würde, sondern das ganze Land. Dadurch hätten laut Ghandour Terrorgruppen wie al-Qaida, Islamischer Staat, Boko Haram aus Nigeria oder al-Schabab aus Somalia ein leichtes Spiel. Die Terrorgruppen könnten halb Afrika unter Kontrolle kriegen, sollte die NCP auseinanderfallen. Die nächsten Parlamentswahlen stehen im April an und wichtige Oppositionsgruppen drohen wie schon das letzte Mal mit einem Boykott. Der Oppositionspolitiker Hasan al-Turabi jedoch ist bereit am nationalen Dialog teilzunehmen. Sein Widersacher Baschir lies in mehrmals verhaften und ins Gefängnis stecken. Der heute 83-jährige religiöse Führer verbrachte 16 Jahre hinter Gittern. Dennoch ist er optimistisch.

„Wenn Diktatoren schwach werden, fangen sie an zu reden“, sagt der Chef der islamistischen Muslimbruderschaft im Sudan über Baschir. „Demokratie und Islam stehen nicht im Widerspruch. Wir wollen keinen Krieg mehr, wir haben genug. Wir wollen aber keine Facebook-Revolution wie bei unserem Nachbarn Ägypten, sondern eine schrittweise Veränderung“, sagt Turabi, der die Scharia im Sudan eingeführt hat. Der Sudan mit dem Darfur-Konflikt bleibt weiterhin brenzlig und das Wasser des Nils ein Thema, welche immer wieder zu Spannungen führt.

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